Schnee und Eis: Der Winter kommt

Kyrill hat ja bei euch richtig was angerichtet, wie ich gelesen habe. Da fällt der Hauptbahnhof auseinander von dem ich noch vor fast 5 Monaten aus Berlin abgefahren bin und jetzt wird‘s wohl - endlich mal - richtig kalt bei euch. Vielleicht bekommt ihr dann auch mal etwas Schnee ab. Wie ihr oben sehen könnt ist bei uns im Dezember auch etwas davon gefallen, ich habe euch ja bereits ausführlich darüber berichtet.
Heute geht es, wenn ihr es nicht schon erraten habt, um Eis und Schnee. Was würde da besser passen als wenn ich euch ein bisschen was von meiner Seminararbeit für mein Wahlfach erzähle, dass ich noch im Sommer 06 bei Frau Flitsch belegt habe. Ich habe bei ihr den Kurs „Wissenschafts- und Technikgeschichte Chinas“ belegt, in dem die Bände von Joseph Needham: „Science and Civilisation in China“ behandelt wurden.

Es ging darum die Needham Bände durchzugehen und zu besprechen. Jeder Student sollte dabei in einem Referat einen Band vorstellen und in einer Seminararbeit ein spezielles Thema daraus bearbeiten. Ich habe den Band „Fermentation and Food Science“ vorgestellt, der auch das Kapitel „Lebensmittelkonservierung“ durch Kühllagerung enthielt. Ich habe also untersucht ob und welche Parallelen oder Unterschiede es in der Kühltechnik zwischen Europa und China gegeben hat.
Ich habe jetzt nicht vor euch alles zu erklären was ich untersucht habe. Ich finde es viel interessanter euch die Methoden vorzustellen, wie die alten Chinesen Eis und Schnee beschafft und verwendet haben um ihre Lebensmittel zu konservieren.

Aus einem Bericht eines Chinareisenden ist die folgende Methode bekannt geworden, die ich ziemlich interessant und einfallsreich finde.

Ausgangspunkt ist eine flache Ebene, auf der Eishäuser errichtet wurden. Zu Beginn der kalten Jahreszeit wurden die Felder rund um die Häuser mit Wasser überflutet. Dieses Wasser gefror während der Wintermonate und wurde im Frühjahr durch Umpflügen der Felder abgetragen. Sinnvollerweise standen die Lagerstätten für das Eis direkt auf der Abbaufläche, so dass man das Eis direkt vor der Haustür „angebaut“ hatte und ein weiterer verlustreicher Transport des Eises unterbleiben konnte. Das abgebaute Eis wurde daraufhin in den Eishäusern gelagert, wobei auftretendes Schmelzwasser durch Abflussrinnen direkt aus den Häusern auf das jetzt mit Reis bepflanzte Feld zur Bewässerung hinausgeleitet wurde. Ziemlich clever können diese Chinesen sein, oder? Übrigens gab es ähnlich Methoden auch in Europa, speziell in Österreich. Da wurde aber einfach nur eine Wiese als „Anbaufläche“ benutzt. Damit entfällt der Teil der Bewässerung.

Über die Verwendung von Eis und Schnee sind auch einige interessante Erkenntnisse gewonnen worden.
Die frühesten Aufzeichnungen über Eisgewinnung und –lagerung finden sich im Shi Jing, dem „Buch der Oden“. Neben detaillierten Beschreibungen der religiösen Zeremonien, die während des Befüllens und Entleerens der Eisgruben stattfanden, wird darin die Aufgabe eines speziellen Eismanagers (Lingren 凌人) genau beschrieben, so dass anzunehmen ist, dass das Eis als ein Gebrauchsgegenstand des königlichen Haushalts zur Zeit der Zhou-Dynastie eine wichtige Rolle gespielt haben muss. In seiner Tätigkeit als Eismanager verfügte er über einen Stab von Personen, die er zur Erledigung der Aufgaben befehligte. Zu seinen Untergebenen gehörten jeweils zwei Sekretäre, Aufseher, Hilfsaufseher sowie acht Vorarbeiter und 80 Arbeiter, also insgesamt 94 Leute.

Über die Verwendung von Eis und Schnee sind auch einige Interessante Fakten bekannt geworden.
Beginnend mit dem Bau und der Nutzung der Eishäuser war das Gut Eis zunächst der herrschenden Klasse der chinesischen Gesellschaft, d.h. dem König und seiner Familie, vorbehalten.

„Ice management at the Chou court was, therefore, a major undertaking that probably no one else beside the king was able to command.“

Das war übrigens in Europa nicht anders.
Offensichtlich muss es nur dem König möglich gewesen sein, diese aufwendigen Arbeiten zu unterhalten. Abgesehen von der alltäglichen Verwendung des Eises als Gebrauchsgut, diente es normalerweise der Kühlung der Lebensmittel des königlichen Hofes, die zu rituellen Festen oder Staatsbesuchen aufgetischt wurden. Im Zuge dessen gewann Eis vor allem als Prestigeobjekt an Bedeutung. Wegen der außerordentlich teuren Gewinnung von Eis galt es als besondere Ehre, ein Geschenk aus Eis zu erhalten. Um seine konservierende Wirkung wissend wurde Eis darüber hinaus bei Beerdigungen von Königen und Königinnen und zur Kühlung von Getränken auf besonderen Festen verwendet.

In der Song-Dynastie (960 bis 1279) hat sich die Bedeutung des Eises als Luxusgut gewandel. Eis war nun nicht länger mehr dem königlichen Hof vorbehalten. Es wurde zu Eisbutter und Eisjoghurt verarbeitet, es wurde auf Ausflüge mitgebracht und verspeist, in Form von Eis, Schnee oder Eiswasser auf Märkten verkauft und als eisgekühlter Wein in diversen Teehäusern serviert. Damit konnte sich nun theoretisch jeder mit Eis versorgen, aber praktisch war es wiederum nur einer speziellen Schicht der chinesischen Gesellschaft vorbehalten, denn Eis war in dieser Zeit immer noch nur sehr teuer zu erstehen.
Im Sommer entsprach sein Wert bzgl. des Gewichts dem von Gold, d.h. 1kg Eis war ebenso teuer oder wertvoll wie 1kg Gold.

Im Laufe der Qing-Dynastie (1644 bis 1911) wurde das Bild von Eis verkaufenden Straßenhändlern in Peking oder anderen großen Städten zur Gewohnheit in China.

Verkäufer von Natureis habe ich hier bislang noch nicht entdeckt.
Ich hoffe es war interessant für euch und jetzt kommen die Lernkarten.

22.01.2007, Montag, Woche 4